Für jeden Menschen gibt es im Leben Situationen, in denen er sich verloren und verlassen fühlt. Eine Krankheit, ein Unfall, ein Todesfall. Es gibt viele Fälle, wo selbst Gott sich scheinbar nicht mehr um einen kümmert. Mit all dem Kummer und der Not, die ein menschliches Herz bedrängen kann, stellen sich viele die Frage, kann es wirklich einen Gott geben der gerecht, liebevoll und barmherzig ist bei soviel Leid? Das Gott uns wirklich hilft, wird oft erst im Nachhinein klar. Er kann uns die Nöte oft nicht ersparen, weil wir daran reifen sollen oder weil sie als Opfer einem bestimmten Zweck dienen. Er wird uns aber als liebender Vater niemals im Stich lassen. Dies wird sehr gut in den folgenden bekannten Versen "Spuren im Sand" von Margaret Fishback Powers deutlich.
Eines Nachts hatte ich einen Traum: Ich ging am Meer entlang mit meinem Herrn. Vor dem dunklen Nachthimmel erstrahlten, Streiflichtern gleich, Bilder aus meinem Leben. Und jedes Mal sah ich zwei Fußspuren im Sand, meine eigenen und die meines Herrn. Als das letzte Bild an meinen Augen vorübergezogen war, blickte ich zurück. Ich erschrak, als ich entdeckte, dass an vielen Stellen meines Lebensweges nur eine Spur zu sehen war. Und das waren gerade die schwersten Zeiten meines Lebens. Besorgt fragte ich den Herrn: „Herr, als ich anfing dir nachzufolgen, da hast du mir versprochen, auf allen Wegen bei mir zu sein. Aber jetzt entdecke ich, dass in den schwersten Zeiten meines Lebens nur eine Spur im Sand zu sehen ist. Warum hast du mich allein gelassen, als ich dich am meisten brauchte?" Da antwortete er: „Mein liebes Kind, ich liebe dich und werde dich nie allein lassen, erst recht nicht in Nöten und Schwierigkeiten. Dort, wo du nur eine Spur gesehen hast, da habe ich dich getragen."
Liebe Fatima-Freunde, seit drei Jahren habe ich jetzt eine unheilbare Krankheit. Als diese begann, habe ich auch die Gottesmutter gefragt: „Warum hast du mich nicht gefragt, ob ich das Leid annehmen will, das Gott mir sendet, so wie du Lucia in Fatima gefragt hast?" Erst danach verstand ich, dass Lucia für alle Marienkinder mit ja geantwortet hatte. Ich legte daraufhin meine Krankheit in Gottes Hand und vertraute mich ihm an. Seit diesem Tag konnte ich merken, was es heißt, von Gottes Liebe getragen zu werden. Ich bekam Hilfe, wo ich sie nicht erwartet habe, mir wurden durch passende Medikamente die Schmerzen genommen. Ich traf immer wieder Menschen, die mir Mut machten. Vor allem aber durch meine Frau und Familie, die immer durch ihre Liebe und Hilfe mein Halt sind. Ich weiß nicht, was mich in der Zukunft erwartet, doch ich habe das tiefe Vertrauen und den festen Glauben, dass Gott mich auch morgen nicht fallen lässt. Dann kann ich mit Liebe sagen: „Mein Vater, nimm meine Hand und trage mich weiter, denn ich weiß, dass die Spur, die ich im Sand sehe, die deine ist, weil du mich getragen hast."
Liebe Fatima-Freunde, trotz aller Krisen, Kriege und Nöte, in denen sich die Welt zur Zeit befindet, wünsche ich Ihnen allen zum Jahresende und zum neuen Jahr 2024, dass Sie sich mit tiefem Vertrauen auf Gottes Liebe und Barmherzigkeit durch das neue Jahr und in die Zukunft tragen lassen.
Gerd Schlüter. Laienleiter des Fatima-Weltapostolats im Erzbistum Paderborn und Koordinator der Pilgerreise der deutschen Fatima-Nationalmadonna
Die Statue der Muttergottes mit ihrem Unbefleckten Herzen
– die verborgene Symbolik
(Erklärung von Prof. Americo)
Das Herz Mariens
…ist offen vor ihrer Brust. Es stellt das größte Geheimnis dar, das uns in Fatima enthüllt worden ist. Marias Herz ist das wichtigste Symbol, da es ihre ganze Person repräsentiert, ihr innerstes Wesen, und das ist ihr „Ja“, Gott zu dienen. Indem Maria ihr persönliches Ja zu Gottes Willen gibt, zeigt sie auch uns den Weg zu Gott.
Ihr Herz ist von Dornen umgeben, mit denen die undankbaren Menschen es durch Lästerungen, Gleichgültigkeit und Undankbarkeit ständig durchbohren. Es gibt 5 Beleidigungen gegenüber der heiligsten Jungfrau Maria:
Die Lästerungen gegen ihre unbefleckte Empfängnis,
gegen ihre Jungfräulichkeit,
gegen ihre Gottesmutterschaft und gleichzeitig die Ablehnung Mariens als Mutter der ganzen Menschheit;
dann die Beleidigungen derer, die öffentlich versuchen, den Kinderherzen Gleichgültigkeit, Verachtung und sogar Hass gegen die unbefleckte Mutter einzupflanzen;
Schließlich die Beleidigungen jener, die Maria direkt in ihren heiligen Bildern verletzen.
Es sind diese Beleidigungen gegenüber dem Unbefleckten Herzen Mariens, durch die die undankbaren Menschen Gott selber treffen, der ja dieses Unbefleckte Herz geschaffen hat.
Das Herz Mariens
…ist entflammt. Diese Flamme repräsentiert Gott selbst, die Allerheiligste Dreifaltigkeit, die in ihrem Herzen wohnt, da sie die Tochter des Vaters, die Mutter ihres geliebten Sohnes Jesus Christus, und die Braut des Heiligen Geistes ist.
Schon gleich bei ihrer ersten Erscheinung in Fatima strahlt die Muttergottes ein starkes Licht aus, das den Kindern bis in die tiefste Tiefe ihrer Seele dringt.
Es ist den Kindern sofort klar, dass dieses Licht Gott selber ist. Maria ist voll der Gnade, sie ist voll von Gottes Gegenwart. Und so formt dieses Licht, das von Maria ausgeht, die Herzen der Kinder um; sie fallen sofort auf die Knie und sprechen unwillkürlich ein Gebet der Anbetung: „O Heiligste Dreifaltigkeit, ich bete Dich an. Mein Gott, mein Gott, ich liebe Dich im heiligsten Sakrament.“
Halskette mit Kugel
…Die Kugel erinnert an die Weltkugel und an das Schicksal der Welt, das Gott dem Unbefleckten Herzen anvertraut hat. Jacinta sagte: „Der Frieden ist dem Unbefleckten Herzen Mariens anvertraut. Von ihr müssen die Menschen den Frieden erbitten, weil Gott ihn ihr anvertraut hat.“
Die Kugel ist viel kleiner als das Herz Mariens. Dies zeigt, dass die Gnade im Überfluss vorhanden ist und dass sie alle menschlichen Nöte, Leiden, Katastrophen, Krieg und Sünden in unserer Welt bei weitem übertrifft. Maria ist die Mittlerin aller Gnaden. Das Unbefleckte Herz Mariens kann Gottes Gnade und Erbarmen an die ganze Menschheit mit all ihren Nöten austeilen – aber wir müssen diese Gnaden erbitten. Wir werden sie nicht erhalten, wenn wir sie nicht erbitten. Deswegen ist das Gebet in der Botschaft von Fatima so wichtig.
Marias Umhang und ihr Kleid
…sind ganz weiß als Zeichen ihrer Reinheit, ihrer Unschuld, ihrer Vollkommenheit, ihrer Keuschheit, ihrer Vortrefflichkeit.
Die goldene Bordüre ihres Umhanges
…zeigt an, dass Maria Königin ist. Sie ist die Königin aller Geschöpfe.
Die Statue hat keine Krone. Die Muttergottes legt ihren Schwerpunkt nicht auf ihre Königswürde, sondern auf ihre Rolle als geistige Mutter der Menschheit.
Maria ist barfuß
… Maria ist die Magd des Herrn, sie ist Dienerin, immer demütig. Wir können das Böse und die Sünde besiegen, indem wir Mariens Demut nachahmen. Sie ist ja diejenige, die der alten Schlange den Kopf zertritt (Gen 3,15); sie ist es, als Frau mit der Sonne bekleidet, die am Ende der Bibel den roten Drachen, Satan, besiegt (Offb 12). In Fatima erscheint Unsere Liebe Frau am 13. Oktober 1917 als die Frau aus dem Buch der Offenbarung, indem sie das große Sonnenwunder vollbringt als Gottes Zeichen für die Wahrheit der Erscheinungen und der Botschaft von Fatima.
Stern
…unten an ihrem Kleid, in direkter Linie zu ihrem Herzen, finden wir einen Stern. Er symbolisiert Maria als Stern der Neu-Evangelisierung der Welt, was die wichtigste Mission des 20. und 21. Jahrhunderts ist. Wie es schon die Päpste Johannes Paul II. und Benedikt XVI. uns gelehrt haben, ist die Botschaft von Fatima ein ideales Instrument für die Neu-Evangelisierung der Welt. Neu-Evangelisierung ist nötig, da so viele ihren Glauben verloren haben. Die Botschaft von Fatima stellt das Evangelium in die Mitte und bewahrt es in seiner Reinheit und seinem Glanz.
Maria umarmt Sr. Lucia
Bei der Erscheinung in Pontevedra umarmt die Muttergottes Sr. Lucia. Sie legt ihr die Hand auf die Schulter. Sie ist wie eine Mutter, die ihr Kind tröstet.
In der Geschichte der Marienerscheinungen gibt es nur noch eine weitere Erscheinung, wo es zwischen Maria und der Seherin einen direkten mütterlichen Kontakt gibt: und zwar bei der Erscheinung Mariens in der Rue du Bac in Paris (Wunderbare Medaille), als sie die hl. Katharina Labouré tröstet.
Wir können schließen, dass das Unbefleckte Herz Mariens in Fatima ein Bild ist für die geistige Mutterschaft Mariens über die ganze Menschheit. Maria ist wie eine geliebte Mutter, die ihre Kinder inmitten von Gefahren und Prüfungen zu sich ruft, auf ihren Schoß, in ihre liebevolle, zärtliche Gegenwart.
Unsere Liebe Frau bereitet die Menschheit vor auf ein neues marianisches Pfingsten, auf einen neuen Frühling der Kirche und der Welt, indem das Licht, das aus ihrem Unbefleckten Herzen ausstrahlt nach und nach unseren Sinn und unsere Herzen erleuchtet und so den Triumph bereitet, der in Fatima angekündigt wurde: „Am Ende wird mein Unbeflecktes Herz triumphieren. Der Heilige Vater wird mir Russland weihen, das sich bekehren wird, und eine Zeit des Friedens wird der Welt geschenkt werden.“
Am 18. Mai 1936 schrieb Sr. Lucia an P. Gonzales. Sie hatte Unseren Herrn gefragt, warum er Russland nicht bekehren wolle ohne die Weihe Russland durch den Heiligen Vater in Vereinigung mit den Bischöfen. Unser Herr sagte zu ihr: „Weil ich will, dass meine ganze Kirche diese Weihe als Triumph des Unbefleckten Herzens Mariens anerkennt, damit sie danach die Verehrung des Unbefleckten Herzens verbreitet und schließlich das Unbefleckte Herz Mariens neben meinem Heiligen Herzen verehrt wird.“ Ulrike Karger
Die Botschaft von Fatima
Von Josef Kreiml
Das furchtbare Gemetzel in den Schlachten des Ersten Weltkriegs, die Oktoberrevolution in Russland – das war 1917. Im selben Jahr spricht in einer entlegenen Gegend Portugals die Gottesmutter zu drei Kindern. Ungefähr 70.000 Menschen erleben das „Sonnenwunder“ am 13. Oktober 1917. Unter den Marienerscheinungen nimmt das Geschehen von Fatima einen besonderen Rang ein. Man hat früh erkannt, dass das, was die Bedeutung der Marienerscheinungen ausmacht, in Fatima „in einer besonderen Dichte und Prägnanz auftritt“ (Leo Scheffczyk, Maria. Mutter und Gefährtin Christi, Augsburg 2003, 293): die lebendige Verkündigung der biblischen Botschaft, die konzentrierte Darbietung wesentlicher Glaubenswahrheiten, die ernste Verpflichtung zu einem Leben nach dem Evangelium, die Erhellung der Krisensituation der Menschheit zwischen zwei Weltkriegen und ihrer katastrophalen Auswirkungen in einer Flut von Menschenverachtung, Gewalt, Gottesleugnung und moralischem Verfall. Die Botschaft von Fatima lässt sich in dem Satz zusammenfassen, den die Seherkinder anlässlich der dritten Erscheinung von Maria hörten: „Wenn man das tut, was ich euch sage, werden viele Seelen gerettet, und der Friede wird kommen.“
In diesem Sinn ist Fatima – wie alle prophetischen Anrufe in der Geschichte des Glaubens – Verheißung und Warnung zugleich. In dieser Botschaft „liegen Hoffnung und Gefährdung, Heil und Unheil, Gnade und Gericht eng beieinander. Der Mensch ist aufgerufen, sich angesichts dieser unendlichen Möglichkeiten, die in der dramatischen Zeitsituation angelegt sind, zu entscheiden“ (ebd.). Hier kommen einem die Worte im Buch Deuteronomium (Dtn 30,5-19), die Gott zu seinem Volk spricht, in den Sinn: „Hiermit lege ich dir heute das Leben und das Glück, den Tod und das Unglück vor. Wenn du auf die Gebote des Herrn … hörst, … dann wirst du leben. … Wenn du aber dein Herz abwendest und nicht hörst, wenn du dich verführen lässt, dich vor anderen Göttern niederwirfst und ihnen dienst, … dann werdet ihr ausgetilgt werden. … Leben und Tod lege ich dir vor, Segen und Fluch. Wähle also das Leben, damit du lebst, du und deine Nachkommen.“ Die Reaktionen auf die von den Seherkindern überbrachte Botschaft der Gottesmutter waren von einem Auf und Ab von Anerkennung und Ablehnung geprägt. Da gab es das Schwanken der Öffentlichkeit, die Zurückhaltung der kirchlichen Autoritäten, die Drohungen der staatlichen Behörden, schließlich das Anwachsen der Wallfahrt und die Anerkennung der Erscheinungen durch den Bischof von Fatima im Hirtenbrief vom 13. Oktober 1930.
Bereits bei der ersten Erscheinung klingt in der Frage Marias das charakteristische Grundmotiv von Fatima an: „Wollt ihr euch Gott schenken, bereit, jedes Opfer zu bringen und jedes Leiden anzunehmen, das Er euch schicken wird, als Sühne für die vielen Sünden, durch die die göttliche Majestät beleidigt wird, um die Bekehrung der Sünder, von denen so viele auf die Hölle zueilen, zu erlangen?“ (zitiert nach ebd., 300).
Die wohl inhalts- und folgenreichste Erscheinung war die dritte (vom 13. Juli 1917): Hier werden die mit persönlichen Anweisungen beginnenden Worte Marias erweitert zu grundsätzlichen Mahnungen und Verheißungen an die Menschheit, auf deren Friedlosigkeit hingewiesen wird. Mit großem Nachdruck spricht die Gottesmutter die Forderung nach dem beständigen Beten des Rosenkranzes aus: „Ich möchte, dass ihr am Dreizehnten des kommenden Monats wieder hierher kommt, dass ihr weiterhin jeden Tag den Rosenkranz zu Ehren Unserer Lieben Frau vom Rosenkranz betet, um den Frieden für die Welt und das Ende des Krieges zu erlangen, denn nur sie allein kann es erreichen“ (zitiert nach ebd., 302).
Im Hinblick auf das Thema „Rosenkranzgebet“ ist das Apostolische Schreiben Papst Pauls VI. über die rechte Weise und Förderung der Marienverehrung „Marialis cultus“ (1974) von besonderer Bedeutung. Papst Paul VI. stellt in diesem Schreiben fest: Das Rosenkranzgebet betrachtet „die hauptsächlichsten Heilsereignisse des Lebens Christi“. Dieses Gebet ist ganz ausgerichtet „auf das Geheimnis der Menschwerdung und der Erlösung des Menschen“. Das Rosenkranzgebet hat eine besondere Orientierung auf Christus hin. Es ist „unter die besten und wirksamsten Formen gemeinschaftlichen Betens zu rechnen, zu der man eine christliche Familie einladen kann.“
Leo Kardinal Scheffczyk hat den Versuch unternommen, die Botschaft von Fatima als Kurzformel des Glaubens zu interpretieren: Als „Kurzevangelium“ erweisen sich die Worte der Madonna von Fatima zuallererst darin, dass sie den Menschen einer Gott entfremdeten Welt die Wirklichkeit und Lebendigkeit Gottes von neuem zu Bewusstsein bringt. Es ist im Grunde eine Botschaft der Erlösung an eine Welt, die angeblich der Erlösung nicht mehr bedarf. Diesbezüglich verdient ein Wort von Jürgen Habermas Beachtung. Dieser Philosoph sagt, dass in der neuzeitlichen Gesellschaft „zum ersten Mal der Verlust der Erlösungshoffnung und Gnadenerwartung als ein allgemeines Phänomen“ (zitiert nach ebd., 311) festzustellen sei. In Wirklichkeit aber ist der wahre innere Zustand der Menschheit so beschaffen, dass wir unsere Erlösungsbedürftigkeit nicht leugnen können.
Fatima verkündet die Freude über die Erlösung durch Christus. Maria möchte die Menschen zur Annahme des von Gott geschenkten Heils bewegen und einen Weg aufzeigen. In der dritten Erscheinung (13. Juli 1917) sagt sie: „Wenn man tut, was ich euch sage, werden viele gerettet werden, und es wird Friede sein … Am Ende wird mein unbeflecktes Herz triumphieren“ (zitiert nach ebd., 330). Diese Botschaft verheißt ewiges Heil und zeitliches Glück, übernatürliche Seligkeit und irdischen Frieden. Die Botschaft der Madonna von Fatima will uns – so Papst Benedikt XVI. – helfen, die Zeichen der Zeit zu verstehen „und auf sie die richtige Antwort im Glauben zu finden“ (zitiert nach: J. Kreiml, Sigmund Bonk, 100 Jahre Botschaft von Fatima, Regensburg 2017, 117).
Der „Weckruf von Fatima“ ist – so Johannes Paul II. am 13. Mai 1982 in seiner Predigt in Fatima, genau ein Jahr, nachdem er vom Attentäter auf dem Petersplatz niedergeschossen wurde – „inhaltlich im Evangelium und in der ganzen Tradition so tief verwurzelt, dass sich die Kirche dieser Botschaft verpflichtet fühlt“ (zitiert nach ebd., 111). Die Botschaft der Madonna von Fatima ist im Wesentlichen der Ruf zur Umkehr und Buße, wie wir ihn im Evangelium finden. Der Ruf zur Umkehr verbindet sich immer mit dem Ruf zum Gebet.
Nicht nur die Diktaturen des 20. Jahrhunderts, sondern auch verschiedene Ideologien in Vergangenheit und Gegenwart haben die Streichung Gottes aus der Gedankenwelt des Menschen, die Zurückweisung Gottes zum Programm erhoben. Das ewige Heil des Menschen ist aber nur in Gott zu finden. Maria ersehnt mit der ganzen Kraft ihrer Liebe das Heil jedes Menschen und kann deshalb zu dem, was dieses Heil von Grund auf gefährdet, nicht schweigen. Die Mutter Christi ist besorgt um alle Menschen und Völker, um die von Glaubensabfall bedrohte Gesellschaft.
Die Botschaft von Fatima ist eng verbunden mit der Weihe der Welt an das unbefleckte Herz Mariens. Was ist damit gemeint? Das sündenfreie Herz Marias steht in engster Verbindung mit dem Herzen ihres Sohnes. Das Herz der Gottesmutter ist mit jener Liebe zu den Menschen geöffnet, mit der auch Christus die Menschen geliebt und sich am Kreuz für sie hingegeben hat. Die Welt dem unbefleckten Herzen Mariens weihen heißt, dass wir uns mit der Fürsprache der Gottesmutter dem Lebensquell des Herzens Jesu nähern. Aus der Quelle des Herzens Jesu sprudeln ununterbrochen Erlösung und Gnade. Das Herz Jesu ist Ursprung neuen Lebens und neuer Heiligkeit. Die Welt und die Menschen dem sündenfreien Herzen Mariens weihen heißt, sich von der Mutter Christi helfen lassen bei der Rückkehr zur Quelle der Erlösung.
Die Antwort der Kirche gab Papst Pius XII., der genau am 13. Mai 1917 zum Bischof geweiht wurde, als er 1942 die Menschheit dem Unbefleckten Herzen Mariens weihte. Papst Johannes Paul II. hat am 25. März 1984 in Rom diese Weihe an das Unbefleckte Herz Mariens erneuert. Der Papst aus Polen hat „gewaltige Schritte unternommen, um in der Kirche die prophetische Botschaft von Fatima zu fördern“ (Manfred Hauke, Fatima – 100 Jahre danach, Regensburg 2017, 301). In den Jahren nach der 1984 erfolgten feierlichen Weihe an das Unbefleckte Herz Mariens ist das kommunistische System in den Ländern des Ostblocks zusammengebrochen. Der Ruf zu Buße und Umkehr im Geist des Evangeliums, der durch die Worte Marias an uns gerichtet wurde, ist immer aktuell. Angesichts neuer Bedrohungen der Menschheit (Terrorismus, Kriege, Vertreibung, Hunger, Verelendung von Menschen) ist er auch heute dringlich.
Vor welchen besonderen Herausforderungen stehen wir heute? Wir können an die Säkularisierung und an den Glaubensschwund in Europa denken. Weltpolitisch gesehen ist gegenwärtig vielleicht ein radikalisierter Islam die größte Herausforderung. Wir können nur hoffen und beten, dass dieser extreme Islam wieder zurückgenommen wird und dass der Terrorismus ein Ende hat. Peter Scholl-Latour hat einmal festgestellt, der Westen müsse Angst haben vor seiner eigenen Glaubensschwäche. In seiner Predigt am 14. Juni 2016 in Fatima hat Bischof Rudolf Voderholzer gesagt: „Bitten wir die Gottesmutter auch, dass sie in dieser weltgeschichtlich außerordentlich angespannten und bedrohlichen Situation das Ihre dazutue, dass sich alle Herzen dem wahren Gott in Jesus Christus zuwenden als der Quelle des wahren Friedens.“
Der emeritierte Bamberger Erzbischof Ludwig Schick hat 2017 in seinem Beitrag „Die Botschaft von Fatima ist heute so modern wie vor hundert Jahren“ gesagt, dass wir in einer Zeit leben, „in der es unendlich viele Möglichkeiten und Versuchungen der Gottvergessenheit gibt. Durch die Informationsflut wird das Gebet, das Verweilen bei Gott, das Lesen und Betrachten des Lebens Jesu noch schwieriger. Wer heute beten will, muss sich die notwendige Zeit, die Ruhe und die Konzentration dafür erkämpfen. Doch dieser Kampf lohnt sich. Wer mit Gott verbunden ist, der bleibt in der Hoffnung und Zuversicht, der bleibt in der Freude und in der Liebe, der wirkt zur Ehre Gottes und zum Heil der Menschen.“ Die Botschaft von Fatima zeigt, wie wir Christen leben sollen, was der Welt zum Heil und zum Frieden dient und wie alle Menschen zu Gott kommen können.
Einweihung einer Replik der Erscheinungskapelle von Fatima in Koclirov/Tschechien
Vom 31. August – 3. September 2023 fand in Koclirov (Ketzelsdorf)/Tschechien ein Symposium statt mit dem Titel „Fatima - Unsere Hoffnung“, organisiert vom Fatima-Weltapostolat der tschechischen Republik. Koclirov ist ein Dorf, etwa 150 km südöstlich von Prag gelegen, bzw. 75 km nördlich von Brünn.
Im Rahmen dieses Symposiums wurde am Herz-Mariä-Sühnesamstag (2. September 2023) eine Replik der Erscheinungskapelle von Fatima, eine sogenannten Capelinha (kleine Kapelle), eingeweiht.
Koclířov ist ein kleines Straßendorf mit nur wenigen Einwohnern. Etwa in der Mitte liegt ein ehemaliges Kloster, in dem das Fatima-Weltapostolat von Tschechien seinen Sitz hat. Etwa 40 m neben der Klosterkirche wurde in den letzten Jahren die Fatima-Kapelle an einem Hang errichtet.
Weltweit Nachbauten der Erscheinungskapelle von Fatima
Weltweit gibt es erst 4 Exemplare dieser originalgetreuen Nachbauten der Capelinha von Fatima. Diese Repliken befinden sich in Brasilien, in den Vereinigten Staaten, in Puerto Rico und in den Philippinen. Im Bau sind Repliken in Panama und Samoa. Jede Region des Fatima-Weltapostolats soll eine Replik der Kapelle erhalten, um die Marienverehrung zu entfalten. Die Capelinha in Koclirov ist besonders für Pilger aus der Region Mittel- und Osteuropa gedacht. Das Konzept, weltweit Repliken der Gnadenkapelle von Fatima zu bauen, stammt von der Ordensfrau Dominga Guzman Florit (1897-2003), der Gründerin der „Kongregation der Dominikanerinnen von Fatima“, für die derzeit ein Seligsprechungsprozess läuft.
Teilnehmer an der Weihe und „special guest“
Die Weihe der Capelinha in Koclirov war ein außergewöhnliches Ereignis, an dem zahlreiche Bischöfe und Priester teilnahmen, allen voran der Hauptzelebrant des Tages, der emeritierte Prager Kardinal Dominik Duka, Bischof Jan Vokal aus Königgrätz und der Nuntius in Tschechien, Erzbischof Jude Thaddeus Okolo aus Nigeria. Auch Vertreter des Fatima-Weltapostolates aus Österreich, Deutschland, der Ukraine, sowie Prof. Americo Lopez-Ortis, der langjährige Präsident des Fatima-Weltapostolates aus Puerto Rico, Nuno Prazeres vom Sekretariat aus Fatima und der Rektor des Heiligtums von Fatima, Carlos Cabecinhas, waren zur Feier gekommen.
Am Vorabend der Weihe konnten wir einen „besonderen Gast“ begrüßen, nämlich die Pilgermadonna, die im Jahr 1967 von Papst Paul VI. in Fatima für die Tschechoslowakei geweiht worden war. Diese Pilgermadonna war ein Geschenk der Blauen Armee Mariens (USA/ Vorgänger des Fatima-Weltapostolates) an die Tschechoslowakische Kirche gewesen und hat den Fall des Eisernen Vorhangs eingeleitet.
Hana Frančáková, die Leiterin des Fatima-Weltapostolats in Tschechien und die Pilgermadonna
Der Weihetag – ein Herz-Mariä-Sühnesamstag
Am Weihetag selber strömten die Gläubigen schon früh herbei und suchten sich ein schattiges Plätzchen unter den Apfelbäumen, bei der Statue des hl. Johannes Paul II. oder nahe der neuen Capelinha.
Gegen 10.00 Uhr zogen Bischöfe, Priester, Diakone, Ministranten, Fahnenabordnungen und Vertreter der Trachtenvereine in einer langen Prozession hinauf zur Capelinha, die an einem Hang erbaut worden ist.
Predigt des Apostolischen Nuntius für Tschechien
In seiner Predigt stellte Nuntius Jude Thaddeus Okolo fest, dass er sich hier ganz zu Hause fühle, denn schon seit seiner Geburt ist er eng mit Fatima verbunden. Seine Pfarrei in Nigeria ist nämlich Unserer Lieben Frau von Fatima geweiht, dort wurde er getauft, dort hat er seine Erstkommunion gefeiert. Durch die Botschaft von Fatima hat er seine Berufung zum Priestertum gefunden. Als junge Seminaristen, im Alter von 14 und 15 Jahren, bestand ihre Aufgabe darin, jeden Sonntagabend um 16 Uhr kleinen Kindern und Erwachsenen von der Botschaft von Fatima zu predigen.
Koclirov – ein anderes Fatima
Was die Menschen an diesem Tag nach Koclirov führt, das ist – so der Nuntius – etwas ganz Spezielles: es ist „die Botschaft Unserer Lieben Frau von Fatima, ihre Einladung, die sie an die gesamte Menschheit richtete, ihre Einladung zu beten und Opfer zu bringen. Sie möchte, dass wir uns alle ernsthafter darum bemühen, keine Sünde mehr zu begehen, denn die Sünde beleidigt ihren Sohn, Jesus. Deshalb sind wir gekommen, in aller Einfachheit und Demut.“ Der Nuntius fügte hinzu: „Es ist wirklich bewundernswert, die Einfachheit dieses Ortes und dieser Umgebung hier in Koclirov zu sehen. Es ist ein anderes Fatima.“
Maria – der Stolz unseres Volkes
Bei seiner Predigt ging er zunächst darauf ein, dass Maria seit jeher als Stolz „unseres Volkes“ verehrt worden ist. „Die katholische Kirche glaubt und lehrt, dass Maria selbst unbefleckt empfangen wurde – das heißt ohne den Makel der Erbsünde. In ihrem ganzen Wesen wurde Maria vor allem bewahrt, was mit Sündhaftigkeit verbunden ist…Unbefleckt empfangen, ist sie von Gott auf einzigartige Weise gesegnet und daher fähig, die Leuchte für eine Welt zu sein, die nach Wahrheit und Gerechtigkeit, Frieden und Sicherheit strebt.“
Siehe, deine Mutter
„Als Jesus sterbend am Kreuz hing“, so der Nuntius, „sah er seine Mutter unter dem Kreuz stehen, und nicht weit entfernt davon seinen Jünger Johannes. Indem er seiner Mutter den Jünger übergab und seinem Jünger seine Mutter anvertraute, stellte er eine neue Beziehung her zwischen seiner geliebten Mutter und seinem geliebten Schüler. Seine Sorge galt weder sich selbst noch seinen Schmerzen. Er war vielmehr besorgt um diejenigen, die er liebte…“ Der sterbende Jesus gab mit Johannes auch uns in Mariens Obhut und versicherte uns, dass wir nicht in die Irre gehen, wenn wir ihren Weg gehen und ihren weisen Rat beherzigen. Ihre Mutterschaft umfasst das ganze Volk Gottes, und sie ist unser vollkommenes Vorbild.
„Wir wissen, dass die Jungfrau Maria die Mutter Jesus Christi ist und folglich die Mutter Gottes. Aber sie ist auch die Mutter der Kirche, die der Leib Christi ist. Deswegen ist die Mission von Maria absolut untrennbar von der Mission der Kirche. Für uns Katholiken ist es klar, dass die Rolle Marias als Mutter der gesamten Menschheit in keiner Weise die Bedeutung Christi als Sohn Gottes schmälert.“
Die Muttergottes von Fatima – Aufruf zur Bekehrung des Herzens
Was Fatima angeht so sagte der Nuntius: „Als die Selige Jungfrau Maria nach Fatima kam, rief sie uns zur Bekehrung des Herzens auf, zu Buße und zu größerer Hingabe an das Gebet, insbesondere durch das tägliche Beten des Rosenkranzes.
Unsere Liebe Frau kam nach Fatima, um uns vor dem Schaden zu warnen, den wir uns selbst zufügen würden als Konsequenz unserer Sünden: Es würde Kriege, Hungersnöte, Seuchen, Verfolgung der Kirche geben und viele Seelen würden in die Hölle kommen. Und der Heilige Vater würde viel zu leiden haben.
Sie forderte uns auf, zu beten und Opfer zu bringen. Sr. Lucia hat einmal erklärt, dass wir nicht nach weiteren Opfern suchen müssen. Es würde ausreichen, unsere täglichen Arbeiten und Herausforderungen als Opfer anzubieten. Wenn wir die Schwierigkeiten des Alltags annehmen, könnten wir sie Gott anbieten in Vereinigung mit dem Opfer Christi.
Unsere Liebe Frau kam zu uns nach Fatima in aller Einfachheit. Lasst sie uns mit der gleichen einfachen Zuneigung und Aufrichtigkeit umarmen.
Fatima – die prophetischste Erscheinung
Fatima ist zweifellos die prophetischste der modernen Erscheinungen. Es ist eine der wichtigsten und bedeutendsten Erscheinungen der Jungfrau Maria, die den drei Hirtenkindern Jacinta, Francisco und Lucia erschienen ist.
Während der Erscheinungen forderte Maria die Kinder auf, jeden Tag den Rosenkranz zu beten, um den Frieden der Welt und das Ende des Krieges zu erlangen. Sie bat die Kinder, für die Bekehrung Russlands zu beten, Buße zu tun und die Verehrung ihres Unbefleckten Herzens zu mehren.
Die Botschaft von Fatima ruft einige zentrale Wahrheiten und Andachten des katholischen Glaubens in Erinnerung: die Heiligste Dreifaltigkeit, die Eucharistie, die Buße, den Rosenkranz und Opfer für die Bekehrung der Sünder.
Maria vertraute den Kindern auch einige Geheimnisse an und wünschte, dass der Heilige Vater die ganze Welt ihrem Unbefleckten Herzen weihen sollte, in Vereinigung mit allen Bischöfen der Welt. Schwester Lucia bestätigte persönlich, dass dieser feierliche und universelle Akt der Weihe (am 25. März 1984 durch Papst Johannes Paul II.) dem entsprach, was Unsere Liebe Frau verlangte.
Das Dach hat die Form eines Bootes
Maria ins Herz aufnehmen
Abschließend forderte der Nuntius die Gläubigen auf, dass auch wir wie der Apostel Johannes unsere Heilige Mutter in unsere Häuser, in unsere Herzen aufnehmen müssen. „Wir müssen ihr zeigen, wo wir arbeiten; Wir müssen sie unseren Freunden vorstellen und wir müssen sie als unser Eigen aufnehmen. Sie wiederum wird uns umfassen und auf ihren göttlichen Sohn hinweisen. Sie wird uns raten: „Was immer er dir sagt, tu es.“ Wenn wir das tun, wird Christus in unserem Leben Wunder wirken.“
Altarweihe durch Kardinal Duka
Die Weihe des Altares der Capelinha nahm der emeritierte Kardinal Dominik Duka vor. Nachdem der Altar mit Weihwasser besprengt und mit Öl gesalbt worden war, wurde Weihrauch auf dem Altar entzündet. Zwei Frauen, die eine war die Architektin der Capelinha, breiteten das Altartuch auf dem Altar aus. Nachdem Leuchter und Blumenschmuck gebracht worden waren, konnte die Eucharistiefeier beginnen. Die Gaben wurden von drei Kindern gebracht, die die drei Hirtenkinder von Fatima darstellten, ferner von Vertretern der Trachtenvereine und der Gemeinde.
„Die Fatima-Familie von Koclirov“
Nach der hl. Messe zogen alle den Hügel hinunter zum Klostergebäude, wo an verschiedenen Ständen regionale Köstlichkeiten angeboten wurden. Nach dem Mittagessen und einer Mittagspause wurden am Nachmittag von der Präsidentin des Fatima-Weltapostolates Tschechien, Hana Frankova, verschiedene Unterstützer des Kapellenbaus vorgestellt.
Rund um die feierliche Weihe war von der „Fatima-Familie“ in Koclirov alles hervorragend organisiert. Man konnte bloß staunen. Denn Koclirov ist ja nur ein Dorf, bestehend aus einer Hauptstraße, einer Pfarrkirche, einem ehemaligen Kloster mit Klosterkirche, das dem Fatima-Weltapostolat Tschechien vor Jahren übergeben worden war, ferner einem Kulturhaus und einer Fatima-Pension mit Restaurant. Helfer aus nah und fern waren gekommen, um die Gäste zu umsorgen und zu verköstigen. Es war wirklich beeindruckend und wird allen in guter Erinnerung bleiben.
Vision: Eine Capelinha im ehemaligen Fulda-Gap
Wenn man das erlebt und auch anderen mitgeteilt hat, dann kommt der Wunsch hoch, auch im eigenen Land eine solche Capelinha zu bauen. Tatsächlich hat der ehemalige internationale Präsident des Fatima-Weltapostolates, Prof. Americo Lopez-Ortis, bei seinem Besuch im Zentrum des deutschen Fatima-Weltapostolates in Petersberg bei Fulda im Jahr 2015 einen entsprechenden Vorschlag gemacht. Er schlug vor, auf dem sogenannten „Marienküppel“ am Petersberg, auf dem sich eine Gebetsstätte des Fatima-Weltapostolates mit einer Darstellung des Christkönigs und der Fatima-Madonna befindet, eine Replik der Capelinha zu errichten. Dieser Vorschlag erschien damals illusorisch, nicht nur wegen der zu erwartenden Kosten, der fehlenden Baugenehmigung und Widerständen aller Art, sondern auch wegen der „Hanglage“. Die Hanglage scheint aber, wie wir es in Koclirov gesehen haben, kein Hindernis zu sein. Der Vorschlag des Marienküppels scheint nun vielmehr eine besonders gute Wahl zu sein: Zwischen den Gräbern der hl. Lioba und des hl. Bonifatius gelegen. Mit Blick auf das sogenannte Fulda-Gap, wo im kalten Krieg ein militärischer Angriff aus dem Osten, von Russland her, erwartet worden ist. Mit Blick auch auf die ehemalige innerdeutsche Grenze, eingedenk der vielen Wunden und Verletzungen, die sich die Menschen hier gegenseitig zugefügt haben und unter denen sie und ihre Nachkommen bis heute zu leiden haben. Ohne Heilung der Wunden der Vergangenheit, ohne wahre tiefe Vergebung, kann es keinen wahren Frieden geben. Das Gebet des Rosenkranzes in Vereinigung mit Maria soll dabei helfen. Gerade auch in den verschiedenen Repliken der Capelinha, die im Laufe der Zeit erbaut werden sollen.
In der Tat: diese Gedanken erscheinen utopisch. Aber, was uns utopisch erscheint – muss das auch für die göttliche Vorsehung utopisch erscheinen? Wohl nicht. Die göttliche Vorsehung hat das letzte Wort. Vertrauen wir dieses Friedensprojekt also getrost der göttlichen Vorsehung an. Die Königin des Friedens wird alles richten.
Ulrike Karger
Der Himmel hat seine eigene Dynamik
Ein großes mitreißendes Fest
Mitreißender Gesang und Jubel zieht sich wie eine Welle durch die Straßen und Gassen von Fatima. Gruppen junger Pilger mit bunten Tüchern, T-Shirts und Hüten tanzen auf den Plätzen und in Restaurants.
Wenige Meter weiter eine tiefe Atmosphäre der Andacht, Anbetung und des Lobpreises. Junge Menschen, kniend im Gebet versunken, meditierend über die Anrufungen des Himmels. Kaum ein freier Platz in den Kirchen und Beichtstühlen, in der Anbetungskapelle, auf den Wegen nach Valinhos, zur Loca do Cabeço und in Aljustrel.
Die Jugend der Welt ist zu Gast in Fatima
Man könnte denken, alles nur eine Stippvisite vor dem großen Ereignis des Weltjugendtages in Lissabon. - Doch der Himmel hat seine eigene Dynamik.
Lange schien es so, als würde der größte Gnadenort Portugals bei den Feierlichkeiten des 37. Weltjugendtages in Lissabon nur eine kleine Rolle spielen. Doch der Ruf der Gottesmutter fand in den Herzen Hunderttausender Jugendlicher und junger Erwachsener im Alter zwischen 14 und 35 Jahren seinen Widerhall. Sie kamen in Scharen und „machten sich eilends auf den Weg“ - ganz nach dem Motto des Weltjugendtages.
Unzählige junge Menschen erlebten so Fatima in den Tagen vor dem großen Ereignis von Lissabon. Junge Pilger aus allen fünf Kontinenten besuchten das Heiligtum.
So traf man auch immer wieder auf die junge Kirche Deutschlands. Die sich begeistern und entzünden ließ von den Herzen Jesu und Mariens auf dem großen Platz vor der Capelinha.
Eine größere Gruppe aus dem Bistum Erfurt durfte für die Dauer des Vorprogramms, für eine Woche, in der Diözese Leiria/Fatima zu Gast sein.
Zu Fuß brachen sie, einen Tagesmarsch weit, nach Fatima auf. In Katechesen und Gottesdiensten entdeckten sie die Botschaft „Unserer Lieben Frau“ ganz neu für sich.
Ein junger Mann erzählte, dass er zuvor nur sehr wenig über diesen Ort wusste, doch die Geschichte der drei Hirtenkinder ihn nachhaltig bewege.
Es folgten ihnen Unzählige aus vielen Diözesen unseres Landes, ob in kleineren Gruppen, als Einzelpilger oder in der Gemeinschaft großer Jugendbewegungen.
In langen Schlangen musste man vor der Rosenkranzbasilika anstehen und man erlebte viele Jugendliche tiefbewegt an den Gräbern der Seherkinder verweilen.
Sie kamen aus unterschiedlichsten Kulturen und Ländern, bereicherten und bestärkten einander in ihrem gemeinsamen Glauben. Begeisternd, jung, missionarisch konnte man hier Weltkirche erleben – allumfassend – einfach katholisch.
In diesen sommerlichen Tagen war der Weltjugendtag in Fatima angekommen und präsentierte eine Kirche, die jung und lebendig ist. Deren Herzen offen sind, um sich entzünden zu lassen für die Wünsche der Gottesmutter und in die Nachfolge des Herrn.
Gemeinsam auf dem Weg
Von der Capelinha zur Rosenkranzbasilika und der Dreifaltigkeitsbasilika zogen Scharen bunter Gruppen durch die Straßen hinüber nach Aljustrel, dazwischen auch immer wieder junge Familien und Angehörige unterschiedlichster Ordensgemeinschaften weltweit. Dabei waren die Jugendlichen zumeist in Begleitung junger Priester.
Den Kreuzweg betrachtend und betend folgte eine Gruppe der anderen den einzelnen Stationen. Schon früh am Morgen füllte sich der Weg.
Um die Muttergottesstatue von Valinhos versammelt, lauschten sie den Berichten ihrer Leiter, beteten den Rosenkranz, sangen und musizierten auf ihren mitgebrachten Instrumenten.
Am Loca do Cabeço herrschte eine Atmosphäre der Anbetung und des Innehaltens. Den Blick auf die Statuen des Engels und der Seherkinder gerichtet, glaubte man fast die Größe und Tiefe der Ereignisse aus dem Jahr 1916 spüren zu können. Leise und in unzähligen Sprachen wiederholte sich das Gebet des Engels immer und immer wieder.
Auf die Knie sinkend und mit Tränen in den Augen verweilten einige minutenlang bis ihr Weg sie weiterführte.
Die Straßen des Dorfes wurden von den mitreißenden Gesängen und Tänzen der jungen Menschen aus aller Welt erfüllt und der Friede von Fatima war in allen Facetten des Miteinanders über die Nationen hinweg zu spüren.
Berufen und gesandt als Zeugen und Boten des Friedens
Wenn bisweilen die Situation in Kirche und Welt auch grau und dunkel erscheinen mag. - Der Himmel hat seine eigene Dynamik. - Gott ruft immer wieder Menschen und gießt seine Gnaden durch das Unbefleckte Herz Mariens in viele offene Herzen aus.
Auf der Suche nach Wahrheit und Gerechtigkeit und einer tiefen Sehnsucht nach dem wahren Frieden, den nur Christus geben kann. Angezogen von der Liebe der beiden Herzen Jesu und Mariens, folgten Hunderttausende junge Menschen - und vielleicht sogar auch mehr als eine Million - dem Ruf der Gottesmutter in die Mulde des Friedens.
Sie kehrten, erfüllt mit dem Segen des Himmels, nach Hause zurück und sind mehr als nur ein Hoffnungszeichen für diese Welt.
Sie sind berufen und ausgesandt - wie jeder Einzelne von uns -, unter der Führung und dem Schutz des Heiligsten Herzens Jesu und des Unbefleckten Herzens Mariens Zeugen und Boten des Friedens und der Liebe zu sein.
Ein Anruf, der sich in der Botschaft des Engels mit den Worten an jeden richtet: „Die heiligsten Herzen Jesu und Mariens haben mit euch Pläne der Barmherzigkeit vor“. - Und somit Wege in eine neue Zukunft. Eine Zukunft, die sich in den Worten der Gottesmutter erfüllen wird: „Am Ende wird mein Unbeflecktes Herz triumphieren.“ Beate Jobst